Das Jedermannrennen La 21ème Charly Gaul hat um die 1000 Teilnehmer angezogen, in Präsenz des ehemaligen Siegers des Wallonischen Pfeils Kim Andersen sowie des zweimaligen Giro d'Italia Gewinners Gilberto Simoni. Bei strahlendem Sonneschein haben sich zwei gute Bekannte in die Siegerlisten eingetragen, denn Jean-Charles Martin und Peter Schroen haben schon zum dritten Male das A respektiv B-Rennen auf ihren Namen geschrieben. Bei den Damen hingegen sind die Belgierinnen Mariska Breyne und Melissa Flagothier zum ersten Mal auf das Siegertreppchen gestiegen.
Start bei Sonnenschein
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Bei wunderschönem Wetter hatten sich also viele Leute in Echternach eingefunden zur 21. Ausgabe des einzigen Jedermann-rennens im Grossherzogtum Luxemburg. 950 Einschreibungen in den Listen des ACC Contern, das waren zwar 137 Teilnehmer weniger als im Rekordjahr 2009, doch mit dieser Zahl hat die Ausgabe 2010 rund 200 Fahrer mehr angezogen als 2008 und lieg in punkto Popularität auf dem zweiten Rang unter den 21 Ausgaben. 352 mutige Fahrer (gegenüber 422 im Vorjahr) haben sich für die lange Strecke über 160 Kilometer entschieden, während 597 Teilnehmer (655 im Jahr 2009) sich auf die kürzere Distanz von 95 Kilometer begeben haben. Bei den weiblichen Starterinnen gab es einen sehr starken Rückgang auf der langen Distanz zu verzeichnen (11 Damen am Start gegenüber 19 im Jahr 2009), während die Anzahl Fahrerinnnen auf den 95 Kilometern fast gleich geblieben war (24 gegenüber 25 im Vorjahr).
Jérôme Simon und Charel Faust waren die beiden jüngsten Teilnhemer mit 16 Jahren und sie belegten die Plätze 227 respektiv 434 bei der La Charly GAul B, während Robert Junker das Kunststück fertig brachte, die Distanz von 95 Kilometern im zarten Alter von 80 Jahren zu Ende zu fahren. Respekt! Bei der La Charly Gaul A über 160 Kilometern klassierte sich der erstaunliche Albert Even als 142. in der Tageswertung. Der mit 69 Jahren erfahrenste Fahrer in dieser Kategorie hatte dabei weniger als eine Stunde Rückstand auf den mehr als 30 Jahre jüngeren Sieger Martin. Auch Yves Lehnert und Nico Thoma waren wieder am Start in diesem Jahr und gelten also weiterhin als die beiden Fahrer, die an sämtlichen 21 Editionen der La Charly Gaul ohne Ausnahme teilgenommen haben. Was die Nationalitäten der Starter angeht, wo waren die Luxemburger mit 266 Teilnehmern (gegenüber 347 im Vorjahr) wieder einmal am Besten vertreten vor den Belgiern (165 Einschreibungen) und den Niederländern (109 Konkurrenten). Dabei bevorzugen die Einheimischen aber eindeutig die kürzere Distanz über 95 Kilometer (204 Luxemburger am Start der La Charly Gaul B), denn bei den 160 Kilometern waren die Niederländer dominant (88 Starter) vor den Belgiern (79) und den Luxemburgern (62 Teilnehmer).
côte d'Eppeldorf
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Neben diesen traditionnellen Teilnehmernationen sowie den Deutschen, Italienern, Portugiesen oder Dänen gab es auch einige exotische Fahrer in Echternach mit zum Beispiel einem Kanadier, einem Japaner, einem Fahrer aus Ungarn, einem Monegasken, einem polnischen Staatsbürger oder einem Rumänen (23 verschiedene Nationalitäten am Start).
Die Strecke führte durch die selben Gegenden wie im Vorjahr, doch mit 2100 Metern Höhenunterschied (gegen 1600 in 2009) auf der grossen Runde und 1200 Metern (gegen 1000 Metern vor 12 Monaten) war sie doch erheblich schwerer. Während die ersten 30 Kilometern im letzten Jahr ganz flach waren, gab es dieses Mal sofort nach dem Start einen langen Anstieg, der das Feld auseinander reissen und kleinere Gruppen schaffen sollte, ein Plus für die Sicherheit der Fahrer. Auch das Finale war schwieriger als vorher mit unter anderem dem Anstieg von Pafebierg weniger als 20 Kilometer vor dem Ziel. Der Scharfrichter der Strecke von 160 Kilometern war einmal mehr der traditionnelle Groesteen (3,8 km mit 7,4 % Steigung), doch auch der Anstieg nach Beaufort von Eppeldorf her sorgte für eine Selektion mit fast 3 Kilometern Länge zu 6,9% Steigung und vor allem einer langen Geraden mit Steigungen von über 10 Prozent. Wieder einmal waren die schönen Landschaften eine der Hauptattraktionen der La Charly Gaul mit zum Beispiel dem 16 Kilometer langen, leicht ansteigenden Stück zum höchsten Punkt nach Schmuelen, der Fahrt durch das Ourtal, die Durchfahrt im Müllerthal, auf den Anhöhen des Pafebierg oder die Fahrt hinunter zum Sauertal und zurück nach Echternach.
Bericht vom A-Rennen
Der Start in der Kategorie 160 Kilometer ist schnell wie immer und sofort nach der Abfahrt teilt das Feld sich in mehrere Gruppen in der Steigung nach Michelshaf. 50 Fahrer finden sich vorne zusammen, doch auch die folgenden 30 Fahrer können kurz danach wieder zu Spitze aufschliessen. Die nächsten Anstiege sind nicht allzu schwer und bringen keine Änderung, so dass immer noch rund 80 Fahrer in der Verfolgung von Enzo Mezzapesa liegen, als dieser sich nach rund 60 Kilometern im Ourtal absetzen kann. Die nächste, grössere Gruppe hat zu dem Zeitpunkt rund eineinhalb Minuten Rückstand auf die Spitze.
erster Anstieg
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Der Fahrer aus Differdingen nimmt den Groesteen als Erster in Angriff, wird aber schon kurz danach von einem sehr starken Ralph Diseviscourt an der Spitze abgelöst. Der Luxemburger Zeitfahrmeister zeigt nämlich in der legendären Steigung eine grosse Nummer und Niemand kann im folgen, während dahinter das Feld komplett auseinander bricht.
Ralph Diseviscourt, der schon im letzten Jahr nach einem langen Ausriss von über 120 Kilometern Zweiter wurde, überquert als Erster den Gipfel des Groesteen, 15 Sekunden vor einer Gruppe von 6 Fahrern mit unter anderem dem belgischen Elite-Fahrer Anthony Spysschaert, dem Luxemburger Philippe Herman, Sieger der Gaul in 2006 oder dem anderen Belgier Peter Enckels. 10 Sekunden später erreicht eine weitere Gruppe mit 12 Fahrern den Gipfel während 7 andere Konkurrenten, darunter auch der zweimalige Sieger Jean-Charles Martin, rund 30 Sekunden hinter Diseviscourt liegen. Der dreimalige Gewinner der Gran Fondo Eddy Merckx ist zu einer langen Fahrt an der Spitze des Rennens gestartet, denn nach der Abfahrt ins Sauertal hat er eine Minute und 20 Sekunden Vorsprung auf die ersten Gegner. Dahinter haben sich die drei Gruppen zusammen gefunden, so dass also 28 Fahrer hinter dem Luxemburger herjagen, darunter neben den vorgenannten Fahrern auch der Sieger von 2007 Feike Loots, der Gewinner aus dem Jahr 1997 Mezzapesa, der Dritte des Vorjahres Mark Touwen, der ehemalige Luxemburger Meister Marc Leyder, Cross-Spezialist Gusty Bausch, die anderen Luxemburger Thibault Di Fabio, Fabio Emili, Georges Jodocy und Luis Nelson oder auch noch Michel Heydens aus Monaco, einem ehemaligen Autorennfahrer, der sich mit viel Erfolg dem Radport und den Jedermann-rennen zugewendet hat (Sieger der Cyclo’Corse und der La Drôme Provencale in diesem Jahr).
Die Steigung von Eppeldorf bringt eine weitere Selektion an der Spitze und es sind nur noch 19 Fahrer, die hinter Diseviscourt in der ersten Gruppe verbleiben. Jean-Charles Martin bläst unterdessen zur Offensive und in der Steigung von Consdorf kann der Sieger von 2001 und 2003 sich zusammen mit drei weiteren Fahrern (Bob Adrianssens, Philippe Herman und Anthony Spysschaert) absetzen. 15 Kilometer vor Schluss können sie zu Diseviscourt aufschliessen, nachdem dieser rund 50 Kilometer alleine an der Spitze gelegen hatte. Die nächsten Verfolger liegen zu diesem Zeitpunkt weniger als eine Minute zurück und werden von mehreren Fahrern des Team Gaul.nl angeführt. Das Rennen ist also noch nicht entschieden.
zum dritten Mal Sieger bei La Charly Gaul: Jean-Charles Martin
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Es liegen zwar keine topografischen Schwierigkeiten mehr zwischen den Fahrern und dem Ziel in Echternach, doch im Sauertal ist das Tempo sehr hoch und eine Attacke folgt der anderen, sowohl bei den Spitzenfahrern als auch bei den Verfolgern. Nach einer ganzen Reihe von erfolglosen Versuchen von Michel Ossieur sind es Peter Enkels und Mark Touwen, die sich in der zweiten Gruppe abetzen können und in-extremis noch den Sprung nach vorne schaffen, wo Bob Adrianssens inzwischen abgehängt worden war. Im letzten Jahr war Touwens schon genau der gleiche Coup gelungen und er belegte damals am Ende den dritten Rang. 6 Fahrer machen sich also den Sieg im Endspurt streitig und dabei erweist sich Jean-Charles Martin als Schnellster vor Diseviscourt, der genau wie im letzten Jahr also Zweiter wird. Philippe Herman, der gegen Ende des Rennens etwas in Schwierigkeiten geraten war, kann trotzdem den dritten Rang belegen vor Peter Enckels, einem der angriffslustigsten Fahrer des Tages. Gerrit Teunis gewinnt den Spurt der nächsten Verfolger auf dem 8. Rang, rund 40 Sekunden zurück, während die dritte, grössere Gruppe schon einen Rückstand von über 10 Minuten hat.
Bei den Damen konnte Niemand etwas ausrichten gegen Mariska Breyne, die 24 Jahre junge Belgierin, die in ihrem Heimatland eine Elite-Lizenz hat und dieses Jahr unter anderem an dem Omloop Het Nieuwsblad teilgenommen hat. Am Fusse des Anstieges von Groesteen befindet sie sich in einer zweiten Gruppe, weniger als 2 Minuten hinter der männlichen Spitze des Rennens und hat schon einen beruhigenden Vorsprung auf ihre nächsten Konkurrentinen, Eliane Diederich und Irmgard Lütticken. Nach der Steigung ist Breyne immer noch gut in den Top 100 plaziert, kennt jedoch gegen Ende des Rennens eine weniger gute Phase. Sie wird aus ihrer Gruppe abgehängt und fällt zurück in der Scratch-Wertung. Im Damenklassement ist der Sieg ihr aber zu dem Zeitpunkt nicht mehr zu holen. Am Ende gewinnt Mariska Breyne den Pokal mit 23 Minuten Vorsprung auf die Luxemburgerin Eliane Diederich, die ihrerseits rund 10 Minuten vor der Deutschen Lütticken ins Ziel fährt. Die weibliche Siegerin belegt den 127. Rang in der gemeinsamen Wertung mit ihren männlichen Kollegen, rund 40 Minuten hinter dem Tagessieger Martin.
Bericht vom B-Rennen
Gilberto Simoni und Kim Andersen führen das Feld in der neutralisierten Zone nach dem provisorischen Start auf dem Marktplatz in Echternach an. Doch die beiden Stars, die vor und nach dem Rennen den Kontakt zum Publikum und den anderen Fahrern nicht scheuten, waren nicht zum Gewinnen nach Echternach gekommen und nach einigen Pedalumdrehungen an der Spitze des Feldes
Am Start der La Charly Gaul B: Kim Andersen und Gilberto Simoni
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lassen sie sich zurück fallen in die Reihe der Anonymen. Denn vorne wird es schnell ernst und schon im ersten Anstieg nach Michelshof setzen sich zwei Fahrer ab und fahren einen kleinen Vorsprung heraus. Jeremy Grosjean, Gewohnheitskunde bei Jedermannrennen und in diesem Jahr unter anderem 10. bei der La Christophe Brandt, sowie der Lothringer Querfeldein-Meister Jérôme Ehald aus Lunéville versuchen es mit einem frühen Ausriss, werden aber etwas später wieder eingefangen. Nach der Steigung von Eppeldorf, der grössten Schwierigkeit im B-Rennen, kommen noch rund 40 Fahrer für den Endsieg in Frage, darunter eine Mehrzahl an belgischen Konkurrenten. An den nächsten Anstiegen gibt es eine weitere Selektion und bald liegen nur noch 8 Fahrer an der Spitze: Grosjean und Ehald, immer noch vorne mit dabei, Peter Schroen, der zweimalige Sieger der La Charly Gaul B, Sylvain Melon, der 6. der belgischen Amateur-Meisterschaften, sein Bruder Vincent, der im letzten Jahr schon während langer Zeit an der Spitze gelegen hatte sowie drei weitere Belgier: Christian Gonda, Julien Ponsard und Nino Guistizia. Kein Luxemburger ist also in der ersten Gruppe vertreten, denn die besten einheimischen Vertreter Alain Juncker und Fabricio Prado befinden sich in einem zweiten Feld, mit weniger als einer Minute Rückstand.
Der ehemalige Profi Peter Schroen, in den achtziger Jahren Teamkollege des grossen Sean Kelly und unter anderem Sieger einer Etappe der Österreich-rundfahrt sowie von Spa-Hasselt-Spa, fährt als grosser Favorit in der ersten Gruppe und übernimmt die Initiative: gemeinsam mit Christian Gonda und Sylvain Melon kann Schroen, der in den letzten 8 Jahren nicht weniger als 5 Mal auf dem Podium der La Charly Gaul endete, sich absetzen und kurz vor dem Ziel hat das Trio mehr als eine halbe Minute Vorsprung auf die nächsten Verfolger: sie werden den Sieg unter sich ausmachen. Doch während jeder sich auf den anstehenden Spurt vorbereitet, geschieht ein Fehler:
Podium der La 21ème Charly Gaul B: Gonda, Schroen, Melon
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anstatt den Pfeilen bis ins Ziel auf dem Markplatz zu folgen, biegen die Spitzenfahrer hinter einem Begleitmotorrad in eine Nebenstrasse ein und erreichen das Ziel ... aus der falschen Richtung. Natürlich ist jetzt von einem regulären Sprint keine Rede mehr, doch Christian Gonda zeigt Fair-play, indem er dem stärkeren Peter Schroen den Sieg überlässt und sich mit dem zweiten Rang begnügt. Sylvain Melon wird in der Wertung auf dem dritten Rang geführt mit einigen Sekunden Rückstand, während ein weiterer Belgier, Julien Ponsard, den Sprint der ersten Verfolger auf dem vierten Rang regelt. In einer weiteren Gruppe von drei Fahrern erreicht Alain Juncker das Ziel als bester Luxemburger auf dem 11. Rang, eine Minute und 12 Sekunden hinter dem Tagessieger.
Bei den Damen entscheidet sich das Rennen zwischen der Belgierin Melissa Flagothier, die während zwei Jahren in einem britischen Profi-Team fuhr, bevor Sie sich mehr und mehr den Jedermann-rennen verschrieb, und der Luxemburgerin Christine Kovelter. In der Steiugung von Eppeldorf befindet sich Flagothier in der zweiten, männlichen Gruppe von rund 30 Fahrern, während Kovelter einige Sekunden dahinter in einem weiteren Feld fährt. Doch der Abstand zwischen den beiden Gruppen wird zunehmend grösser, so dass Flagothier am Ende die Damenwertung mit 6 Minuten Vorsprung auf die Luxemburgerin gewinnt. Die dritte Fahrerin, Martine Licker, fährt mit rund 15 Minuten Rückstand über den weissen Strich. In der gemeinsamen Wertung mit den Männern belegt Flagothier den 69. Rang, knapp 7 Minuten nur hinter Peter Schroen. Die ehemalige Mitgliederin des belgischen Nationalkaders erreicht Echternach in der dritten Gruppe von rund 30 Fahrern und wollte einen Rang unter den Top 50 belegen. Leider aber vermasselt sie komplett ihren Sprint und beendet so ihr gutes Rennen am Ende dieser Gruppe.
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