Die 16. Edition der Gala Tour de France war natürlich eine Übergangsausgabe, an einem neuen Platz, wo die alten Gewohnheiten nicht mehr galten und man wieder von vorne beginnen musste. Denn nach einem Jahr in Steinsel und 14 Ausgaben in der Stadt Luxemburg war das Event tatsächlich umgezogen, und zwar in das neue und extrem dynamische Viertel von Belval, auf dem Gebiet der Gemeinden Sanem und Esch-sur-Alzette. Es musste also umgedacht werden: neue Strecke, extrem kurz und vereinfacht wegen vielen neuen Baustellen, neues Verkehrskonzept, neue Wege in Sachen Strom- und Wasserversorgung und so weiter, und so fort. Viel Arbeit also für die Veranstalter, doch die Mühe hat sich sicherlich gelohnt, denn mit Ausnahme von ein paar unvermeidlichen Pannen war diese Ausgabe 1 auf Belval doch ein schöner Erfolg.
Natürlich waren weniger Leute da als vorher in der Hauptstadt. Natürlich gab es die Nörgler, denen der neue Platz nicht gefiel. Doch wenn der grösste Teil der Strecke von Zuschauern nur sehr spärlich besetzt war, so waren die avenue du Rock'n Roll und der Platz vor der Rockhal doch sehr gut gefüllt und die Stimmung war dort sicherlich nicht schlechter als in der avenue de la Liberté, trotz teilweise miesem Wetter. Wochenlang hatte es nicht geregnet, doch kurz vor dem Start besuchte eine kräftige Schauer den Süden des Landes und die Strecke, von staubigen Baustellen umgeben, verwandelte sich innnerhalb von nur wenigen Minuten in ein wahres Schlammfeld. Am Ziel sahen die Fahrer eher aus wie nach einem Paris-Roubaix als wie nach einer Etappe der Tour de France. Doch in Abwesenheit von dem kranken Daniel Martin sowie von Kittel und Degenkolb boten die 46 Starter trotzdem ein schönes, abwechslungsreiches und spannendes Spektakel.
Nach einigen unerwarteten Dopingkontrollen, welche die aus der Tour de Wallonie kommenden Fahrer noch zusätzlich aufgehalten haben, konnte das Rennen mit solider Verspätung endlich beginnen und gleich am Start zeigten sich die Luxemburger sehr aktif. Jempy Drucker, der ebenfalls aus Wallonien kam und also heute schon 200 Rennkilometer in den Beinen hatte, wusste, dass er am Ende des Rennens keine Rolle mehr spielen würde und hatte sein Augenmerk also ganz auf die Zwischenspurts gesetzt. Von Anfang an sammelte er fleissig Punkte und gehörte auch der ersten grösseren Ausreissergruppe an, die sich rund 25 Sekunden Vorsprung herausfahren konnte. Neben Drucker waren auch unter anderem Didier und Gastauer mit dabei, sowie die immer noch jungen Amateure Pascal Triebel und Enzo Mezzapesa. Nach rund 10 Runden war das Feld jedoch wieder heran: Ausriss vorbei.
Christian Helmig zeigte sich jetzt vorne mit Tom Flammang und Bob Jungels, bevor der amtierende Luxemburgische Meister zum Alleingang ansetzte, in seinem unnachahmlichen Stil als Zeitfahrspezialist. Doch auch Jungels spürte die Anstrengungen vom Nachmittag aus der Tour de Wallonie in den Beinen und konnte dem nachsetzenden Feld nicht lange widerstehen. Es gab weitere Attacken und zur Freude der Zuschauer war zu dem Zeitpunkt auch Frank Schleck mit dabei. Im Trikot der luxemburgischen Nationalmannschaft hatte er sich in eine kleine Gruppe mit Gaetan Bille, Julien Berard sowie Jonas Vangenechten und James Vanlandschoot gemischt. Und auch wenn Frank seit langem keine Rückennummer mehr auf seinem Renntrikot getragen hat, so rief seine Offensive doch sofort die Reaktion der Favoriten herbei: Costa und Fuglsang enteiltem dem Feld, gefolgt von Fröhlinger, Arashiro, Gastauer, Didier und Monfort. Andy Schleck hatte vorerst den guten Zug verpasst, macht sich aber gleich danach auch auf die Verfolgung der Verfolger, während sein Bruder an der Spitze das Tempo noch weiter erhöhte.
Bei Rennhälfte ergab sich also folgende Situation: Frank Schleck und Gaetan Bille lagen an der Spitze, gefolgt von einer Gruppe mit Costa, Fuglsang, Porte, Fröhlinger, Arashiro, Gastauer, Didier und Monfort, in der Andy Schleck inzwischen ebenfalls genauso seinen Platz gefunden hatte wie die zurückgefallenen Vangenechten und Berard. Vanlandshoot war in das Hauptfeld zurück gefallen, wo die Accent-Wanty von Jempy Ducker im Moment klar die Verlierer waren und zusammen mit den zwei Cofidis sowie Sprintfavoriten Nacer Bouhanni die Verfolgungsarbeit leisteten mussten.
Vorne versuchte Frank Schleck sich noch im Alleingang, wurde aber schnell wieder eingefangen, so dass sich jetzt eine Gruppe von 10 Fahrern an der Spitze gebildet hatte: Porte, Fuglsang, Gastauer, Costa, Arashiro, Fröhlinger und Frank Schleck sowie die drei RadioShack Laurent Didier, Andy Schleck und Maxime Monfort. Das Feld lag immer noch eine knappe halbe Minute dahinter, konnte diesen Rückstand jedoch nicht verringern. Die Fahrer von RadioShack waren in der Überzahl und hatten also die Gelegenheit, Initiativen zu ergreifen. Gesagt, getan: Andy Schleck setzte sich ab und fuhr drei Runden alleine an der Spitze, ohne jedoch einen ordentlichen Vorprung herausfahren zu können.
Nachdem Andy weider eingefangen waren, läutete Jakob Fuglsang fünf Runden vor Schluss mit einer starken Attacke das Finale ein. Der Gesamtsiebte der letzten Tour de France konnte schnell mehr als Hundert Meter Abstand zwischen sich und seinen von den drei Mannschaftskollegen Andy Schleck, Laurent Didier und Maxime Monfort angeführten Verfolger setzen. Doch kurz danach fiel auch diese Gruppe auseinander und hinter Fuglsang, der nur wenige Sekunden Vorsprung hatte, kamen nur noch Richie Porte, Laurent Didier und Rui Costa für den Sieg in Frage. Denn während der Astana-Kapitän zwei Umläufe vor Ende eingefangen wurde, fielen die Gebrüder Schleck mit Fröhlinger, Gastauer, Arashiro und Monfort weiter zurück.
Beim Einläuten der Schlussrunde waren also noch vier Fahrer beisammen und verspachen eine spannende Apotheose. Didier attackierte, Porte antwortete, doch am Ende war es Rui Costa, der sich mit einem kräftigen Antritt auf der Schlussgeraden durchsetzen konnte. Der doppelte Etappensieger aus der Tour de France gewann die 16. Ausgabe der GALA Tour de France mit 2 Sekunden Vorprung auf Richie Porte, der sich im Sprint um den 2. Rang nur knapp gegen Laurent Didier durchsetzen konnte. Jakob Fuglsang liess es am Ende ausrollen, während Maxime Monfort Schnellster der nächsten Verfolger auf dem fünften Rang war. Für die Statistiker: mit 21 Sekunden Rückstand gewann Nacer Bouhanni den Spurt des Hauptfeldes um den 11. Rang, während Jempy Drucker mit Hilfe der in der Anfangsphase gesammelten Punkte Sieger der Zwischensprintwertung wurde und Jakob Fuglsang durch seine beherzten Attacken in den letzten Runden den Preis des offensivsten Fahrers auf seinen Namen schreiben konnte.
Bemerkung: "Diese Webseite enthält Links zu anderen Seiten, auf deren Inhalt und Präsentation wir keinen Einfluss haben. Diese Links sind also nur zu Ihrer Information vorhanden und wir distanzieren uns ausdrücklich vom Inhalt aller Webseiten, zu denen unsere Links Sie führen können."
Kontakt: ACC Contern - c/o M. Eugène Stirn - 19, rue Jules Fischer - L-1522 Luxembourg - Tél: (+352) 49 27 11 - Fax: (+352) 29 77 72 - eugstirn@pt.lu
|